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anlauffarben

Anlauffarben

Was ist Anlaufglas / Anlauffarbe / Umschlagfarbe / Striking Color?

Von den meisten Glasherstellern gibt es Farbtöne, die erst durch eine spezielle Verarbeitung in der Flamme ihre Endfarbe bekommen. Effetre Striking Red/Rosso, Lauscha rot transparent, Ornela granatrot oder Rubin sind einige der Rottöne, aber auch Rubino Oro ist eine Anlauffarbe, ebenso Effetre Opal corniola (wird auch unter dem Namen Zimt angeboten, corniola bedeutet aus dem Italienischen übersetzt Karneol, oder spanisch: die Frucht der Kornelkirsche) Manchmal kommen die Stäbe getempert in den Handel, weisen also ihre Endfarbe auf und sind somit leicht erkennbar. Werden die Stäbe ungetempert verkauft, sind sie manchmal schwer von den „normalen“ Farben zu unterscheiden.

Von links nach rechts: Effetre orange / rot / Lauscha rot / Ornela Rubin dunkel / Granatrot

Was passiert im Glas

Der Laie kann sich den farbgebenden Stoff im Glas als eine Art feinverästelten Kristall vorstellen. Beim Einschmelzen ballen sich die Verästelungen zusammen und verlieren die Fähigkeit, das Licht zu reflektieren. Wird das Glas nun schnell abgekühlt, bleiben die Kristalle geballt, das Glas ist blass und unscheinbar. Wird es hingegen wieder langsam erhitzt, entfalten sich die Kristalle, und reflektieren das Licht in der gewünschten Farbe. Das Glas strahlt in der vollen Schönheit.

Bearbeitung in der Flamme

Grundsätzlich sollten Anlauffarben weniger heiss verarbeitet werden. Besonders beim Abschmelzen der Stange muss man vorsichtig sein; leuchtet das Glas grell auf, können die farbgebenden Stoffe bereits beeinträchtigt sein (am heikelsten: Efetre Rubino Oro).
Man wickelt seine Perle, und achtet darauf, dass das Glas vorsichtig und gleichmässig erhitzt wird, bis zur vollständigen Transparenz. Dann nimmt man die Perle aus der Flamme, rundet sie und lässt sie erstarren.
Als dritten Schritt führt man die Perle im hinteren Bereich wieder in die Flamme zurück, lässt sie ein paar Mal in der Flamme „baden“ und kann zusehen, wie die Farbe sich entwickelt.
Diesen Schritt bezeichnet man auch als „striken“.
Mit etwas Übung kann man diesen Prozess sogar steuern und damit die Endfarbe der Perle (von goldgelb über orange bis tiefrot) bestimmen.

Effetre Anlauforange, einmal ohne Flammenbad, einmal mit Anlaufen in der Flamme.

Tipps

  • Die Perle wird erst wie gewohnt im oxidierenden Teil der Flamme geformt und dekoriert. Dann abkühlen lassen, bis sie nicht mehr sichtbar glüht. Jetzt langsam im hintersten Teil der Flamme erwärmen, bis sie etwas glüht. Dann bei gutem Licht das Ergebnis betrachten (Perle kühlt wieder etwas ab) und dann weiter erwärmen, bis der gewünschte Farbgrad erreicht ist. Das erfordert etwas Flammenspitzengefühl, ist aber gut zu erlernen. Für Testzwecke empfiehlt es sich, kleinen Perlen angelaufene „Backen“ zu machen. Dann ist das ganze Farbspektrum von überhitzt über gut angelaufen bis noch nicht angelaufen in einer Perle sichtbar.
  • Das Pearl ist eine Farbe, die diese schimmernde Trübung vor allem dann zeigt, wenn man es nur kurz verarbeitet. Je länger und heisser man es verarbeitet, desto mehr sinken die Trübungsstoffe nach innen zum Kern. Es sieht dann aus wie überfangen.
  • Die Temperatur, wo Umschlaggläser die Farbe wieder entfalten, scheint eher höher zu sein, als im Ofen. Die Farben kommen meist wieder, kurz bevor das Glas wieder orange glüht. Lass es etwas mehr abkühlen, bis es fest ist. Manchmal hilft das. Wenn es immer fast orangeglühend ist, scheint das die Farbe manchmal am Umschlagen zu hindern - wie wenn sie erst mal verschnaufen müsste, bildlich gesprochen. Der „point of return“ ist bei jedem Pigment etwas anders, also pink anders als rot etc. Die Anlauf-Trübung der opaken Lauschagläser ist wieder was anderes; die kommt im Ofen wieder.
  • Bei den Umschlagfarben muss man etwas kühler bleiben; sobald Rubino Oro an einer Stelle weiss aufleuchtet, ist das Gold raus, und lässt sich auch nicht mehr zurückkitzeln. Rot hingegen neigt beim überhitzen zum braunschlierig werden. Will man es transparent haben, so sollte man es so lange durchheizen (aber eben, kühler) bis es hellgelb und vollständig transparent ist. Dann abkühlen und umschlagen lassen. Allerdings, kommt dann noch eine ellenlange Deko drauf, wirds gerne wieder trüb. Beispiele sind im Wiki zu sehen.
  • Die meisten Anlauffarben kommen am Besten zurück, wenn man sie langsam aufheizt. Hier die wissenschaftliche Erklärung dazu: Bei hoher Temperatur (Schmelze, Verarbeitung) lösen sich die Farbstoffe in der Glasmatrix auf. Beim Abkühlen sind nicht genug Keime da, um die Farbe wieder hervorzuholen. Die Keime bilden sich am Besten bei einer niedrigeren Temperatur als die Kriställchen später optimal wachsen. Diese Erklärung ist zwar stark vereinfacht, hilft aber beim Verständnis.
  • Einige Farben schlagen am Brenner schneller um, andere erst im Ofen. Im Ofen haben die Farbstoffe deutlich mehr Zeit, sich wieder zu finden. Das gilt besonders für die „zickigeren“ Rubin-Farben.
anlauffarben.txt · Zuletzt geändert: 2022/02/26 16:32 von claudia